08.10.2021
Was bedeutet die Bundestagswahl für die Pflege?
Das Ergebnis der diesjährigen Bundestagswahl verrät uns jetzt nicht viel mehr als in der Zeit vor der Wahl. Denn keine Partei hat so viele Stimmen sammeln können, dass sich eine Koalition aufdrängt – auch inhaltlich gibt es keine eindeutigen Bündnisse. Deswegen sehen wir uns an, in welchen Punkten verschiedene Koalitionspartner im Bezug auf die Pflege übereinstimmen und wie es hier aussieht.
Im „Pflegomat“ des DBfK haben einige Parteien ihre Statements zu verschiedenen Entwicklungsmöglichkeiten der Pflege abgegeben. Befragt wurden die SPD, die CDU/CSU, die Grünen, die Linke und die FDP. Während die Linke in der Wahl knapp unter 5 % lag wurde die AfD von rund 10 % gewählt.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das AfD-Programm beispielsweise das Pflegegeld so anpassen möchte, dass die Pflege durch Angehörige genauso bezahlt wird, wie die Pflege durch ausgebildete Fachkräfte. Einen Überblick zur Geschichte der Idee, dass „jeder Pflege kann“ und wie der traditionell von Frauen ausgeübte Beruf oft dazu genutzt wurde, sie einzuschränken und ihre Fähigkeiten und Freiheiten abzuwerten, wird es in den nächsten Wochen in einem Rückblick auf die Geschichte der Pflege geben und soll hier nicht vorgegriffen werden.
Eine Rot-Grün-Gelbe Koalition
In einer Rot-Grün-Gelbe Koalition gäbe es von Grünen und SPD viel Zustimmung zu verschiedenen Möglichkeiten der Pflegeentwicklung, die der DBfK aufgestellt hat. Dazu zählen:
· Obligatorische Stimmrechte von Vertretern und Vertreterinnen der Pflegeberufe
· Erhöhung der Pflegelöhne auf ein Einstiegsgrundgehalt von 4000 Euro
· Stärkung der Akademisierung der Pflege
· Erweiterung der Kompetenzen von Pflegekräften basierend auf ihrer Ausbildung
Aus den Antworten lassen sich auch eine große Offenheit für neue Organisationsformen der Pflege herauslesen, die nicht nur positive Aspekte des bestehenden Systems stärken, sondern auch Schwächen durch neue Ansätze beheben möchten.
Die FDP hingegen, die eine Koalition mit der CDU vorziehen würde, steht ihrem Parteinamen entsprechend gegen regulatorische Maßnahmen durch den Staat wie beispielsweise eine Erhöhung der Löhne oder die finanzielle Unterstützung von konkreten Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege. Im Sinne des Parteiprofils steht die freie Wahl und Verantwortung der einzelnen Pflegekräfte im Vordergrund, die lange individuell ihre Weiterbildung beeinflussen können sollen.
Eine Schwarz-Grün-Gelbe Koalition
In der Schwarz-Grün-Gelben Koalition wären hingegen die Grünen eher die Außenseiter. Sie würden für Veränderungen in der Pflege durch staatliche Vorgaben einstehen und Veränderungen befürworten, die den Ansichten der CDU/CSU widersprächen, nach denen Probleme in der Pflege vor allem innerhalb des bestehenden Systems gelöst werden sollen.
Beispielsweise befürwortet die CDU/CSU die Entwicklung von Pflegestudiengängen, schränkt aber ein, diese Entwicklung dürfe „ein vernünftiges Maß nicht überschreiten“. Wie dieses Maß aussieht, wird nicht spezifiziert.
Bei der Förderung der Gesundheit von Pflegekräften würde diese Koalition wohl nicht auf innovative Möglichkeiten der Arbeitszeitentwicklung setzen, sondern möchte die Rehabilitationsangebote für bereits erkrankte Pflegekräfte verbessern.
Besteht tatsächlich die Möglichkeit zum Wandel?
In keiner Koalition herrscht absolute Einigkeit über die geeigneten Mittel, um die Pflege in den nächsten Jahren akut zu stärken. Auch die Parteien, die mit einem ähnlichen Grad an Zustimmung oder Ablehnung geantwortet haben, begründen ihre Entscheidungen oft sehr unterschiedlich.
Einerseits könnte das die Umsetzung von Veränderungen oder auch die Fortführung bestehender Systeme verlangsamen – Diskussionen innerhalb einer Koalition können so etwas ausbremsen. Andererseits stehen in allen Fällen der Regierungskoalition starke Oppositionen gegenüber.
Zuletzt bleibt offen, wie viele Versprechen, „Meinungsäußerungen“ oder Ankündigungen tatsächlich nach der Wahl Bestand haben – wie immer.