18.08.2023
Bis wann ist die Pflege zuhause möglich?
Wenn jemand zum ersten Mal pflegebedürftig wird, dann passiert das oft „schleichend“: erst gehen nur Kleinigkeiten nicht mehr und die kann man selbst auffangen oder Familie und Bekannte springen ein, um bei den kleinen Dingen zu helfen. Und dann wird immer mehr Unterstützung nötig.
Wenn mehr Zeit nötig ist, um jemanden zu pflegen oder auch weil mehr medizinische Pflege nötig wird, kommt das Thema Pflege offiziell auf den Tisch. Man beantragt einen Pflegegrad und es gibt Pflegegeld und/oder Unterstützung durch einen Pflegedienst.
Aber wie lange geht das so weiter? Den der schleichende Prozess, der aus „ein bisschen Unterstützung“ den relevanten Pflegebedarf gemacht hat, geht oft weiter und nach einiger Zeit wird die Belastung für alle Beteiligten größer.
Wenn immer „mehr Pflege“ nötig ist
Wenn der Gesundheitszustand eines Menschen sich immer weiter verschlechtert, macht das oft immer mehr Pflegeunterstützung nötig. Einerseits in Form von konkreten, neuen Maßnahmen, wenn zum Beispiel die Pflege einer Verletzung neu zu den Aufgaben hinzukommt.
Aber auch innerhalb der Aufgaben selbst gibt es schleichende Veränderungen: jemand, der anfangs nur Unterstützung beim Anziehen benötigte indem jemand mit weniger steifen Fingern beispielsweise beim Zuknöpfen hilft, kommt erst nicht mehr ohne Hilfe ins Hemd, dann nicht mehr in die Hose und schließlich kaum noch aus dem Bett, um aufzustehen und sich anzuziehen.
Dieser Verlauf ist nicht unüblich – aber doch für viele schwieriger zu begleiten oder einzuordnen. Gerade, wenn die Pflege durch Familie, den Bekanntenkreis oder die Nachbarschaft organisiert wird, ist der zunehmende Bedarf oft ein überfordernder Prozess. Denn wer zugesagt hat, morgens kurz vorbeizuschauen, um schnell beim Anziehen zu helfen, findet sich auf einmal dabei wieder, jeden Morgen für eine halbe Stunde den Tagesstart einer anderen Person zu unterstützen.
Darf man „plötzlich“ nicht mehr helfen wollen? Andersrum ist es natürlich auch für die pflegebedürftige Person nicht immer einfach, immer mehr Hilfe zu benötigen (und anzunehmen).
Unterstützung durch einen Pflegedienst
Eine erste Maßnahme, die Belastung für alle Seiten etwas zu verringern, ist Unterstützung durch einen professionellen Pflegedienst. Dabei helfen die Krankenkasse und verschiedene Beratungsstellen.
Bei der Einschätzung, ob und wie ein Pflegedienst helfen kann, könnte auch eine professionelle Pflegeberatung hilfreich sein. Kontaktieren Sie uns gerne für unverbindliche Informationen oder zur Terminvereinbarung (egal, ob die Beratung für Sie Pflicht ist oder freiwillig: die Pflegekasse übernimmt die Kosten).
Natürlich braucht es wieder eine Weile, bis sich alle an die neue Situation gewöhnt haben. Aber in den meisten fällen bringt die Unterstützung durch einen professionellen Pflegedienst eine spürbare Entlastung.
Wie lange funktioniert die Pflege zuhause?
Wenn der Pflegebedarf größer wird, wird natürlich auch der Aufwand weiter größer. Grundsätzlich bieten wir beispielsweise natürlich Pflege für Patient*innen bis einschließlich der höchsten „Bedarfsgruppe“, also mit Pflegegrad 5 an. Auch wer auf Intensivpflege angewiesen ist, beispielsweise also Beatmung rund um die Uhr, kann zuhause gepflegt werden.
Vor allem körperliche Einschränkungen müssen definitiv nicht bedeuten, dass man sein Zuhause verlassen muss, um vernünftig gepflegt zu werden.
Ambulante Pflege und Betreuung bei Demenz und psychischer Krankheit
Ein bisschen anders sieht es oft bei geistigen oder psychischen Einschränkungen aus. Wer an Demenz erkrankt oder beispielsweise immer mehr Angstzustände oder Panik- oder Wutanfälle erleidet, benötigt neben der körperlichen Unterstützung oft auch eine ständige Präsenz als „Betreuung“. Die kann ein Pflegedienst nicht – im Rahmen der Leistungen der Pflegekassen – bieten.
Wer Zeit und Kapazität hat, kann den zusätzlichen Bedarf selbst decken und rund um die Uhr Betreuung und Kontaktpersonen organisieren. Wer genug Geld hat, kann privat Pflegekräfte bezahlen, die rund um die Uhr arbeiten und beispielsweise mit im Haus leben.
Wichtig ist dabei auch, mit Ärzt*innen und anderen Profis genau zu besprechen, ob ein Problem vorrübergehend oder dauerhaft auftritt. Durch psychologische oder psychiatrische Unterstützung lassen sich selbstverständlich viele Erkrankungen behandeln und in den Griff bekommen – wer chronisch krank mit Diabetes lebt, muss heute genauso wenig allein deswegen im Krankenhaus untergebracht werden, wie jemand, der beispielsweise chronisch an Depressionen leidet.
Für jede Art Erkrankung kann es Phasen geben, in denen jemand kurz in einer speziellen Klinik oder Reha unterkommt, aber dann zurückkehrt. Oder beispielsweise (vorrübergehend) tagsüber in einer Tagespflegeeinrichtung unterkommt.
Wenn es zuhause nicht mehr funktioniert
Manchmal wird der Pflegebedarf so viel größer, dass er zuhause nicht mehr durch die verfügbaren Personen und Mittel bewältigt werden kann. Wenn jemand durch starke körperliche oder psychische Einschränkungen den Tag nicht mehr allein bewältigen kann, gibt es verschiedene Lösungsansätze.
Einmal die Unterstützung durch das bestehende Umfeld, dann die Pflege durch einen prrofessionellen Pflegedienst beispielsweise in Kombination mit Tagespflegeangeboten und schließlich der Umzug in eine Pflege-WG oder ein Pflegeheim.
Diese „Stufen“ sind nicht alle gleich lang und sie sehen sicher nicht für jede Person gleich aus. In vielen Fällen reicht die Unterstützung durch einen Pflegedienst vollkommen aus, um bis ans Lebensende zuhause wohnen zu bleiben.
Die beste Empfehlung, die man fallunabhängig geben kann, ist nur: reizen Sie die Grenzen nicht aus. Wenn Sie versuchen, solange wie irgendwie möglich die Pflege durch Angehörige zu leisten, sind alle Beteiligten bei der (plötzlich notwendigen) Suche nach einem passenden Pflegedienst nur noch ausgelaugt und über jeden Stresspunkt hinaus. Das macht den Übergang zur geteilten Pflege dann auch nur umso anstrengender.
Genauso gilt: wenn absehbar wird, dass die Pflege zuhause gar nicht mehr funktioniert, sollte man nicht „so lange wie irgendwie möglich“ zu Hause bleiben. Besser ist, früh schon – am besten auch gemeinsam! – nach Alternativen zu suchen.