Der Gesetzesentwurf zur Intensivpflege

05.06.2020

Der Gesetzesentwurf zur Intensivpflege

Die Intensivpflege soll neu geregelt werden – über die Diskussionen im Voraus haben wir bereits berichtet und auch über die Befürchtungen, die wir mit vielen anderen teilen.

Jetzt wurden wieder Details zu den neuen Ansätzen bekannt und einige Befürchtungen scheinen sich zu bestätigen.

Neue Prüfung vor der Intensivpflege

Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass die Intensivpflege nur noch von „besonders qualifizierten“ Ärzten verordnet werden kann und „an besondere Voraussetzungen geknüpft“ wird und einen besonderen Fokus auf die außerklinische Intensivpflege in Pflege- und Behinderteneinrichtungen legt.

Die Pflege in Intensivpflege-Wohneinheiten oder zu Hause (und in Schulen, Kindergärten und Werkstätten) wird ebenfalls erwähnt.

Außerdem wird besonders betont, dass nur geprüfte Pflegedienste außerklinische Intensivpflege erbringen können werden – ein Umstand, der auch aktuell gegeben ist, da die Intensivpflege nur durch Fachkräfte erbracht werden kann.

Beatmungspatienten sollen länger im Krankenhaus bleiben

Patienten, die beatmet werden, sollen länger im Krankenhaus bleiben müssen, wenn eine Chance auf Entwöhnung besteht. Die Formulierung im Gesetzentwurf betont, dass dadurch mehr Entwöhnungsversuche unternommen werden sollen, die „schon vor der Entlassung aus dem Krankenhaus“ passieren.

Tatsächlich wurde und wird die Entwöhnung auch jetzt schon versucht – unter anderem von Pflegediensten, die Patienten zuhause pflegen. Die außerklinische Intensivpflege unternimmt damit bisher eine wichtige Aufgabe, während Patienten gleichzeitig wieder in ihrem Zuhause leben können.

Stattdessen sollen Patienten zukünftig im Krankenhaus bleiben müssen, wenn eine Entwöhnung versucht wird – ohne diesen Versuch wird es Vergütungsabschläge geben.

Bevorzugte Unterbringung in stationären Einrichtungen

Zukünftig sollen Patienten finanzielle Anreize bekommen, sich für die Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen zu entscheiden. Dabei ist auch vorgesehen, dass die Krankenkassen die Kostenübernahme auch anbieten, wenn der Gesundheitszustand der Versicherten sich bessert und eine außerklinische Intensivpflege nicht mehr nötig ist. Patienten sollen also möglichst in stationäre Einrichtungen wechseln und diese auch nicht mehr verlassen, wenn der Intensivpflegebedarf nicht mehr vorhanden ist.

Diese Patienten könnten bisher früh nach Hause kommen und in ihrem Zuhause und mit ihrer Familie versorgt werden, ohne unter Druck zu stehen, erst ohne Beatmungsbedarf nach Hause zu dürfen.

Vorgetäuschte Besserungen

Viele der Änderungen sind entweder keine Änderungen oder eine echte Verschlechterung. Beispielsweise soll die Intensivpflege ab sofort jährlich vom medizinischen Dienst geprüft werden – die Versorgung von intensivpflegebedürftigen Patienten, die in der Regel eine hohe Pflegestufe haben, wird allerdings durch die Regelungen zur Pflegeberatung auch heute schon verpflichtend regelmäßig geprüft. Die Festlegung der Dauer von geriatrischer Rehabilitation auf 20 Behandlungstage oder drei Wochen stationärer Behandlung ist im Vergleich zur typischen Reha-Dauer von sechs Wochen eine Schlechterstellung der älteren Patienten.

Die zukünftigen zusätzlichen Hürden für Intensivpflegepatienten und ihre Familien sind immens und zeigen, dass die Gesundheitspolitik Kosteneinsparung weit über die Lebensqualität von nicht mehr voll leistungsfähigen Menschen stellt.