21.02.2018
Gesunde Arbeit: Macht Pflege wirklich traurig?
Wir haben letzten Monat schon darüber gesprochen, dass Pflege manchmal stressig sein kann und den letzten Nerv raubt. Da kann man gegensteuern und sich im Zweifel Hilfe holen.
Eine andere Frage, die Pflegekräfte oft gestellt bekommen und sich vielleicht auch mal selbst stellen: Macht Pflege traurig? Viele Menschen assoziieren mit Pflege vor allem, dass man viel mit alten und kranken Menschen zu tun hat (richtig so weit!) und dass das auf die Dauer deprimierend ist. Immerhin fühlt man sich selbst mit einer Krankheit eher schlecht. Jeder kennt die Laune, in der man nach drei Tagen Kopfschmerzen ist oder wenn eine Grippe ordentlich auf die Stimmung geschlagen hat. Das ist kein unlogischer Gedankengang, aber trotzdem Quatsch: Unsere Patientinnen und Patienten sind nicht ständig traurig oder immer nur müde. Wir haben durchaus auch Spaß an und bei der Arbeit.
Aber ganz von der Hand zu weisen ist natürlich nicht, dass Pflege manchmal auch bedeutet, dass man mit sehr ernsten oder traurigen Themen in Berührung kommt. Ein wichtiger Tipp schon für Auszubildende ist, dass sie lernen müssen, sich ein wenig von dem Leid der andern zu distanzieren: „Man kann nicht jeden Tod mitsterben“. Das ist leichter gesagt als getan.
Wieso und wie machen Pflegekräfte also immer weiter, obwohl sie mit so vielen negativen Dingen zu tun haben?
Empathie und Distanz in der Pflege
Pflege ohne Empathie wäre grausam, und ziemlich kalt. Pflege ohne Empathie wäre auch einfach schlechte Pflege, und einen schlechten Job zu machen, macht die Laune sicher nicht besser. Empathie aufzugeben ist also in keinem Fall die richtige „Lösung“, um die Schwierigkeiten des Pflegeberufs zu bewältigen.
Pflege ohne Distanz frisst aber auf. Wenn jeder Patient so viel bedeutet wie ein guter Freund, dann kann man den einen kaum für den anderen verlassen. Gebraucht werden wir aber immer an mehreren Betten und außerdem ja auch noch in unserem eigenen zuhause. Außerdem ist Pflege ohne Distanz „unprofessionell“ auf eine sehr unangenehme Weise: Wir sind bei Patienten zu Gast und auch wenn man sich mit der Zeit natürlich kennenlernt, bleibt Pflege eine „Dienstleistung“.
Die „goldene Mitte“?
Die „Mitte“ ist nicht für jeden am gleichen Punkt gefunden. Das ist wichtig zu verstehen, um sich nicht mit anderen zu vergleichen.
Einige Menschen in den pflegenden und heilenden Berufen ziehen eine klare Grenze zwischen einem „Arbeitsich“ und einem „privaten Ich“. Sie halten das aufrecht, indem sie bei Feierabend ganz abschalten und nicht mehr an die Probleme im Job denken, das Handy ausschalten und ihre Gedanken auf andere Themen konzentrieren.
Andere brauchen diese Trennung nicht und würden sie auch nicht gut vertragen. Sie denken auch zuhause manchmal an einen Patienten oder eine Patientin oder ein bestimmtes Problem, das sie lösen müssen oder wollen. Sie stehen im Supermarkt und notieren sich im Handy schnell etwas, das sie noch mit einem Arzt absprechen wollen. Dann setzen sie den Einkauf ganz normal fort.
Es gibt viele unterschiedliche Menschen. Wir denken daran immer wieder, wenn es um unsere Kunden und ihre Familien geht – jede Familie ist ein bisschen anders und jeder Patient ist eine eigenständige Person. Aber auch Pflegekräfte sind nicht alle gleich und für jeden sieht die passende Balance ein wenig anders aus.
Damit Pflege nicht traurig macht
Diese „goldene Mitte“ für sich selbst zu finden, ist ein erster Schritt dahin, dass Pflege nicht traurig macht. Ein anderer ist der Austausch mit Kollegen. Einerseits informell – einfach reden, quatschen und sich austauschen, gerade wenn irgendwo der Druck mal hoch ist. Unter anderem dafür gibt es bei uns ja auch die gemütlichen Sitzecken und Küchen an allen Standorten. Der Austausch unter Kollegen ist enorm wichtig fürs Wohlfühlen bei der Pflege.
Bei uns gibt es außerdem auch „organisierte“ gegenseitige Unterstützung. In der Kinderintensivpflege entlasten wir uns ein wenig durch Supervisionstermine. Und sollte es doch mal zu viel werden: Reden und sich Pausen einräumen!
Pflege bringt Glücksmomente
Zum Abschluss aber noch einmal: Pflege macht nicht traurig. Pflege macht ziemlich oft glücklich. Im Alltag, durch das Miteinander, durch die Hilfe, durch den leichteren Weg und bei besonderen Gelegenheiten.