03.12.2021
Impfpflicht in der Pflege: Meinungsrundschau
Wer die Diskussionen rund um eine Impfpflicht gegen Corona – vor allem in der Pflege – in den letzten Monaten nicht mitbekommen hat, hat vermutlich einfach alle Nachrichten ausgeblendet. Die Diskussion läuft schon lange und so richtig Klarheit kommt nicht rein. Verschiedene Stellen haben sich erst gegen eine Impfpflicht ausgesprochen und ziehen sie jetzt doch in Erwägung oder wabern in ihren Aussagen seit Monaten dahin – wer weiß, was sie wirklich denken?
Einige andere haben sich aber auch klar positioniert. In letzter Zeit immer wieder für eine Impfpflicht insbesondere in der Pflege – aber es gibt auch Gegenstimmen. Jetzt soll die Impfpflicht für alle kommen, und für die Pflege vielleicht schon früher. Wie sieht die Argumentation dahinter aus?
Die Argumentation gegen die Corona-Impfpflicht in der Pflege
Ver.di-Chef Frank Werneke ist eine der hörbarsten Stimmen gegen eine Corona-Impfpflicht in der Pflege. Statt der Verpflichtung zur Impfe für alle, die in der Pflege arbeiten, spricht er sich für ein striktes Testkonzept aus. Das sei effektiver und schränke die Arbeit weniger ein.
Denn eins seiner stärksten Argumente gegen die Impfpflicht ist die Machtposition der Mitarbeitenden in der Pflege: Wer sich wirklich nicht impfen lassen will, gibt den Beruf auf. Damit würde der Mangel an Pflegekräften nur verschärft.
Außerdem verweist er auf eine hohe Freiwilligenquote in der Pflege: Die Corona-Impfquote ist hier höher als in anderen Bereichen.
Eine kleine Kundgebung in Stuttgart mit rund 200 Teilnehmenden gibt weiteren, verschwommenen Einblick in die Argumentation gegen die Impfpflicht: das Recht auf „Unversehrtheit“ (auch eine Corona-Impfe ist eine Körperverletzung, der die betroffene Person zustimmt) ist dabei das einzige Argument, aber auch die Forderung „gegen Diskriminierung“ oder Berufsverbote kommt auf, um die Sorge hinter den Argumenten verständlich zu machen.
Was für die Impfpflicht spricht
Arbeitsminister Hubertus Heil spricht sich für eine Corona-Impfpflicht in Pflege und medizinischen Einrichtungen aus – und eventuell auch darüber hinaus. Auch das Bundesgesundheitsministerium hat konkrete Vorschläge erarbeitet, die eine Corona-Impfpflicht zum nächsten Jahr vorsehen.
Die Argumentation für die Impfpflicht wiegt dein Eingriff in die individuelle Entscheidung mit dem Schutz der Gesamtheit auf – und in Pflegeheimen und Kliniken mit dem Schutz der Bedürftigsten.
In einer Erpressungssituation, der man sich beugen sollte, sieht man sich hier offenbar nicht. Eine hohe Impfquote spricht ja gerade für eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz einer Maßnahme.
Mit einer ähnlichen Argumentation wurde Anfang des letzten Jahres übrigens bereits eine Masern-Impfpflicht für Beschäftigte in unterschiedlichen Bereichen beschlossen. Auch hier war die Impfquote vorab bereits hoch: die Impfquote unter Schulanfängern lag bei etwa 93 % - 2 % zu wenig für eine Quote, die als ausreichend schützend angesehen werden kann.
Freiwilligkeit gegen Pflicht?
Wieso werden also 100 % aller Kinder, die aus gesundheitlichen Gründen nicht verzichten müssen, zur Impfe verpflichtet, obwohl 93 schon von allein zugestimmt haben? Wozu zwingen, wenn Freiwilligkeit gegeben ist?
Es ist wieder zu erinnern an den besonderen Satz aus einer deutschen Fußgängerzone: „Vernünftige fahren hier nicht mit dem Rad. Den anderen ist es verboten.“