19.07.2024
Moderne Pflege und Digitalisierung
Das „prototypische“ Bild einer pflegebedürftigen Person, von pflegenden Angehörigen oder von Pflegefachkräften ist seit Jahren auffallend unverändert. Während sich in vielen anderen „Branchen“ die Zielgruppe ändern darf und soll, bleibt das geänderte Leben neuer Generationen eher unberücksichtigt.
Pflege der nächsten Generation muss also auch technologisch anders aussehen.
Keine technologiefernen Generationen mehr
Menschen, die aufgrund ihres Alters pflegebedürftig werden, sind dabei heute schon oft in einer anderen Situation als noch vor zehn Jahren. Dank Smartphone oder Internetnutzung sind sie eher mit der Welt verbunden. Noch stärker trifft das auf diejenigen zu, die meist die Pflege organisieren: Angehörige sind in ihrem Alltag – beruflich oder privat – ständig mit neuen Technologien konfrontiert und bereit, die auch einzusetzen.
Und eine Stufe weiter gilt die alltägliche Vertrautheit mit Smartphone, Gesundheitsgadgets und Co für die aktuell hinzukommenden Generationen der Pflegekräfte.
… aber auch keine „digital natives“
Die Idee der „Digital Natives“, Generationen, die von Anfang an mit Computern aufwachsen und Smartphones und Co selbstverständlich nutzen, ist so nicht wahr geworden. Nur weil jemand, mit Verweis auf Dürrenmatts „Die Physiker“, einen Lichtschalter nutzt und ganz alltäglich Elektrizität nutzt, ist er auch nicht gleich vertraut mit neuen elektrischen Geräten oder kann gar einen Schaltkreis erklären.
Das bedeutet für die Digitalisierung der Pflege: der nächste Schritt sollte sich immer daran orientieren, was für alle Beteiligten alltags-nahe Technologie ist – nicht die Revolution in Sachen Pflege-KI.
Gute und schlechte Beispiele für digitalisierte Pflege
Ein Beispiel für die vielen zu ambitionierten Versuche, Digitalisierung in die Pflege zu katapultieren, sind die vielen aktuell nutzlosen „Pflegeroboter“, die immer wieder als Gimmick in Pflegeheimen und Krankenhäusern getestet werden. Kleine abstrakt geformte Roboter mit rudimentärer Stimm- und Gesichtserkennung sollen sich mit Patient*innen unterhalten und so die Pflege unterstützen. Das bietet bestenfalls ein bisschen Ablenkung im Alltag für die pflegebedürftigen Menschen und hoffentlich wenig Zusatzaufwand für die Fachkräfte. „Bitte nimm mir den Smalltalk ab!“ steht nicht weit oben auf der Wunschliste der meisten Pflegeprofis, die dann im Hintergrund schweigend die Pflege "abarbeiten“.
Ein besseres Beispiel für gelungene Digitalisierung „am Puls der Zeit“ stellen Pflegeapps dar, die gar nicht viel anders machen. Sie verlagern einfach nur die Kommunikation mit Angehörigen in bekannte – aber sichere – Chatformate, bieten Update-Möglichkeiten in beide Richtungen per Klick in der App und stellen im besten Fall ein paar Informationen noch übersichtlich an einer Stelle zusammen. „Das Bisschen“ reicht aber, um zum Beispiel als innovativer Pflegeanbieter gefeiert zu werden – obwohl niemand anders arbeitet, und bloß anders kommuniziert.