Pflege der Vergangenheit: 70er

25.02.2022

Pflege der Vergangenheit: 70er

Viele Chroniken springen schnell über die 70er, aber es gibt vieles zur Entwicklung der Pflege in dieser Zeit zu sagen.

Unseren Rückblick auf die 60er im letzten Monat haben wir mit einem „Hochpunkt“ beendet: Es wurde gerade die erste Ausbildung für die Altenpflege (in NRW) beschlossen und wir haben gesehen, dass das Sozialhilfegesetz in den 10 Jahren die Perspektive auf die Unterstützung von Bedürftigen verändert hat.

Entwicklung der Altenhilfeausbildung

In den 70ern gab es dann die Bewegung, die 1969 angestoßen wurde: Die Ausbildung in der Altenpflege wurde in unterschiedlichen Bereichen entwickelt und ausgebaut. Die Ausbildung wurde anfangs noch vor allem von privaten Anbietern organisiert. Sie dauerte etwa 1,5 Jahre und war nicht bundeseinheitlich koordiniert (das kam tatsächlich erst viel später – 2003 (!)).

1970 gründeten sich auch die ersten Berufsverbände – kleine Gruppen zur Interessenvertretung. Das erste Buch zur Ausbildung (Krankenpflege) erscheint 1971. Das Buch von Lilian Juchli und Beda Högger bleibt lange ein Standardwerk.

Gleichzeitig gründete auch das Bundesministerium für Gesundheit eine „Kleine „Kommission“, die sich mit der Weiterentwicklung der Pflege und vor allem der Pflegeausbildung befassen soll.

1972 findet eine Änderung statt: Der Deutsche Bundestag senkt im Mai offiziell das Zugangsalter zur Pflegeausbildung auf 17 Jahre. Im Juni wird ein erstes Übereinkommen in Europa getroffen, dass die Pflegeausbildung in Europa zukünftig generalistisch sein soll. Richtig – schon vor 50 Jahren gab es zu diesem Thema die ersten Bestrebungen. In Deutschland dauerte die Reform lange – offiziell wurden die Richtlinien von 1972 1977 zum ersten Mal in Bezug auf dieses europäische Ziel reformiert, aber die nächsten Schritte finden sich 1985 und eben heute in der scheinbar so neuen generalistischen Pflegeausbildung.

Finanzen vs. Pflege?

Auch in den 70ern standen Pflege und Finanzierung in einer Art politischen Gegenüberstellung. Die Weltwirtschaftskrise 1973/74 machte erkennbar und spürbar, dass der Sozialstart nicht nur auf Überfluss basieren konnte. Dementsprechend wurden auch erste Gesetze zum Sparen beschlossen – darunter das wunderbare Beispiel deutscher Wortschöpfungskraft des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes. Hier ging die Entscheidung übrigens schnell: am 1. Juli 1973 erfolgt der Beschluss.

Werte in der Pflege

Gleichzeitig kamen weitere Themen, die heute deutlich zur Pflege gehören, in den 70ern stärker in das Bewusstsein der Allgemeinheit.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte 1978 ein erstes Programm zu Bedürfnissen von Menschen, die gepflegt werden. Dabei wurde auch herausgearbeitet, wie gepflegte Personen in Entscheidungen einbezogen werden können, die sie selbst betrafen.

Ein ganz anderes Thema, das auch heute noch im Bundestag aufgegriffen wird, wurde damals öffentlich diskutiert: Soll Sterbehilfe ein Teil von Pflege sein?

Bewegte 70er: Angestoßene Veränderungen

In den 50ern und 60ern haben wir eher allgemeine Probleme wiedererkannt, die heute noch die gleiche Wirkung haben. In den 70ern erkennen wir Veränderungsprozesse, die bis heute nicht abgeschlossen sind:

Große Meilensteine gibt es in den 70ern nicht viele. Vor allem sind die Meilensteine, die wir finden, nicht wirklich sichtbar gewesen. Die damals angestoßenen Veränderungen – Sparmaßnahmen, eine Bewegung hin zur generalisierten Pflegeausbildung, die Entwicklung der Ausbildungsberufe allgemein – sind vor allem solche, die sich bis heute ziehen.