Telemedizin als Zukunftsperspektive für die Pflege?

12.11.2018

Telemedizin als Zukunftsperspektive für die Pflege?

Eng verwandt mit dem Thema ist auch der Bereich Telemedizin. Sachsen ist dabei momentan ein besonders weit fortgeschritten arbeitendes Bundesland. Hier sind seit dem 1. September Ärztesprechstunden über das Internet möglich.

Die Vorteile des Checks aus der Ferne sind gerade in Sachsen und anderen Regionen außerhalb von Ballungszentren, dass Patienten aus ländlichen Regionen sich nicht immer zum Arzt kämpfen müssen.

In der Pflege könnten Fern-Besuche von Ärzten auch helfen, die Zusammenarbeit mit Fachärzten einfacher zu gestalten. Gerade für Intensivpflege-Patienten könnte Telemedizin eine Möglichkeit bieten, mehr Kontakt zu Ärzten bei weniger Aufwand für alle zu schaffen.

Entwicklung der Telemedizin

Telemedizin, also Medizin „aus der Ferne“ umfasst eine Reihe von Möglichkeiten. Dazu zählen beispielsweise Diagnose und Behandlungsverfahren.

Die ersten Ansätze der Telemedizin waren eher für Krisengebiete gedacht. Roboter sollten helfen, wo Menschen nicht hinkommen konnten. Beispielsweise zu Verschütteten in eingestürzten Gebäuden, aber auch zu Menschen, die in Kriegsgebieten isoliert sind.

Dabei bedeutete Telemedizin oft, dass ein Roboter vor Ort „Augen und Ohren“ eines Arztes sein konnte und der Patient oder ein Helfer die notwendige Erstversorgung vornehmen konnten. Manche der entsandten Roboter, die zum Beispiel vom Flugzeug abgeworfen werden sollten oder sich den Weg durch Geröll bahnen konnten, hatten auch Ausrüstung zur Versorgung vor Ort dabei.

Heute umfasst Telemedizin gerade in Europa und Nordamerika eher Ansätze, bei denen Ärzte aus der Ferne Patienten betreuen und nur in geringem Maße behandeln. Dabei können Ärzte andere Ärzte bei der Behandlung unterstützen: Beispielsweise kann ein auf bestimmte Krankheiten spezialisierter Hautarzt aus der Ferne konsultieren, wenn er einen Ausschlag über Videoübertragung ansehen kann.

In der aktuellsten Form geht es meist vor allem um „Fernsprechstunden“ von Ärzten für Patienten, die sie nicht erreichen können. Über Video-Telefonie können Ärzte ein Beratungsgespräch anbieten und eine erste Diagnose oder Behandlungsempfehlung geben.

Möglichkeiten der Telemedizin in der Pflege

In der Pflege kann Telemedizin natürlich nicht die Versorgung durch eine Pflegekraft ersetzen, genauso wenig wie eine vollständige körperliche Untersuchung durch einen Arzt durch Telemedizin ersetzt werden kann.

Es bestehen aber Möglichkeiten zur Verbindung von Telemedizin und Pflege.

In der ambulanten (Intensiv)pflege arbeiten wir beispielsweis eng mit Ärzten zusammen, die nicht mobile Patienten oft zuhause besuchen müssen. Diese Hausbesuche sind manchmal aus akuten Gründen nötig, oft aber routinemäßig angesetzt. Wenn kein besonderer Bedarf zu einer genauen körperlichen Untersuchung besteht, könnten Ärzte auch über Videotelefonie einige dieser Termine erledigen.

Durch die Anwesenheit von Pflegekräften beim Patienten könnten Ärzte sich auf ausgebildete Fachkräfte verlassen, die Fragen beantworten oder bei Untersuchungen helfen können.

Telemedizin und Pflege: Mehr als nur Datenschutz

In der Diskussion um Telemedizin in der Pflege wird erstaunlich häufig vor allem die Kontrolle über die eigenen Daten in den Vordergrund gestellt. Wichtig sei, dass Patienten die Kontrolle über ihre Daten behalten und selbst entscheiden, was mit der elektronischen Patientenakte passiert.

Sicherlich ist das ein entscheidender Punkt, aber die Diskussion geht dadurch an anderen Aspekten der Telemedizin vorbei. Die umfasst wesentlich mehr als die digitalisierte Verwaltung und Weitergabe von Patientendaten, über die so viel diskutiert wird.

Telemedizin kann eben auch die Versorgung von Patienten durch entfernt ansässige Ärzte bedeuten. Klar müssen dafür Daten weitergegeben werden. Aber der entscheidende Punkt ist die Diagnostik aus der Ferne.

Mehr als nur Zeitersparnis

Ja, Ärzte sparen durch diese Form der Konsultation Zeit – der Weg zum und vom Patienten entfällt beispielsweise. Aber auch für viele Patienten ist ein Arztbesuch Aufruhe und nicht immer notwendiger Stress.

Für Pflegekräfte kann die zusätzliche Aufgabe, bei der Untersuchung zu helfen, zusätzlich Zeit kosten. Andererseits können sie aber auch viel Zeit sparen und leichter Entscheidungen treffen.

Denn Ärzte, die via Telemedizin konsultieren, können dann auch bei konkreten Fragen kontaktiert werden. Wenn eine Pflegekraft eine gesundheitliche Veränderung bemerkt, könnte sie zukünftig direkt einen Arzt befragen: Muss die Medikation angepasst oder die Versorgung umgestellt werden? Statt zu warten, bis der Patient einen Termin hatte und von diesem die richtigen Antworten mitbringt, könnten Pflegekräfte sich mit Ärzten absprechen, ohne dass beide physisch am gleichen Ort sein müssen.

Gesetzgebung blockiert

Ein Hindernis, das der Telemedizin im Moment noch im Weg steht, sind uneinheitliche Vorgaben. Deutschland ist zwar bekannt für besonders viele Regelungen und Regelwerke. In der Vergangenheit ließ sich das Rechtssystem aber meist auf die betroffenen Bereiche gut anwenden: Industrie, Arbeitsrecht und selbst das Bildungssystem sind keine echten „Neuerungen“ für die Gesetzgeber. Auch in Sachsen gibt es bisher keine Erfolgsmeldungen, sondern eher Unzufriedenheit mit der Umsetzung.

Telemedizin und anderen Formen digitaler Medizin scheinen aber in eine andere Kategorie zu fallen. Aus der Entscheidungsschwäche entsteht ein Hin und Her, das zunächst moderne Formen der Versorgung in Begriffskonstrukte zwängen möchte. Bevor die Einteilung aller Innovationen in altbekannte Begriffe erfolgt ist, bleibt die Gesetzgebung wohl behäbig – und damit auch die Innovationsleistung.

Telemedizin in der Pflege hat noch einen langen Weg vor sich

Auch in der Pflege liegt dementsprechend noch ein langer Weg vor der Entwicklung der Telemedizin. Wir hier immer wieder betont, darf der Mangel an Fachkräften nicht kaschiert werden, indem weniger qualifizierte Menschen oder überhaupt nicht taugliche „Computerlösungen“ eingesetzt werden.

Trotzdem sehen wir gespannt in die Zukunft. Da, wo Technologie unsere Mitarbeiter entlasten kann, ohne an der Qualität der Pflege zu rühren, sind wir gern bereit, sie einzusetzen.