Unethische Anwerbung ausländischer Pflegekräfte

19.01.2024

Unethische Anwerbung ausländischer Pflegekräfte

Deutschland bekämpft den Fachkräftemangel (in allen Bereichen) durch das Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland. Das bedeutet, dass ein ohnehin reiches Land mit hohen Lebensstandards immer genau die am besten ausgebildeten Fachkräfte aus anderen Ländern abwirbt, die dann nicht mehr die Entwicklung in ihrer Heimat, sondern in Deutschland vorantreiben.

In vielen Bereichen wie der IT ist die Diskussion über dieses An- bzw. Abwerben der besten Fachkräfte eines Landes relativ verschachtelt und komplex – abgesehen davon, dass die Entwicklung vielleicht sogar ins Ursprungsland überschwappen kann, könnten Expert*innen für IT sogar von zu Hause aus arbeiten und über sinnvolle Steuerabmachungen zwischen den Ländern gleichzeitig ihr Herkunftsland mit aufbauen und unterstützen, und in Deutschland benötigte Expertise liefern.

Gesundheitsexpert*innen da wegholen, wo sie gebraucht werden?

In der Pflege sieht es anders aus: die Pflegekräfte, die Deutschland abwirbt, fehlen in ihren Heimatländern direkt. Da der demografische Wandel nicht nur Deutschland betrifft, bedeutet das, dass wir unsere internen Probleme dadurch abmildern, dass wir die Problematik in anderen Ländern verschärfen.

Deswegen gibt es eine Liste der WHO, die "Health Workforce Support and Safeguards List, 2023", in der Länder mit einem kritischen Mangel an Gesundheitspersonal aufgeführt werden. Aus diesen Ländern dürfen keine Pflegefachkräfte abgeworben werden.

Allerdings gibt es eine Hintertür: die Pflegefachpersonen dürfen nicht direkt von Unternehmen umworben werden, Deutschland bemüht sich aber trotzdem um Zuwanderung aus diesen Ländern. Ein von der Bundesagentur für Arbeit organisiertes Programm ist von der Sperre ausgenommen – orientiert sich aber intern auch an der Liste der WHO.

Attraktivität der Pflege in Deutschland im internationalen Vergleich

Leider sinkt die Attraktivität der Pflege in Deutschland im internationalen Vergleich. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass professionell ausgebildete Pflegekräfte in anderen Ländern als hochqualifizierte Fachkräfte mehr Anerkennung bekommen und auch mehr Verantwortung übernehmen dürfen. Wer aus den Philippinen nach Deutschland wechselt, langweilt sich also im Zweifel. Zwar für mehr Geld, aber auch oft unter belastenderen Bedingungen. Dafür ist der zusätzliche Aufwand, eine (weitere) Fremdsprache zu lernen und weit von zuhause weg zu ziehen, oft nicht mehr rentabel.

Ein wichtiger Ansatz in der „ethischen“ Anwerbung von Pflegekräften für Deutschland aus dem Aus- und Inland wäre also, die Arbeitsbedingungen in der Pflege in Deutschland zu verbessern.

Einen Ansatz zeigen beispielsweise Kliniken, in denen das eigene Personal nicht mehr mit Leasingkräften verglichen wird, sondern einen internen Springerpool bildet – so gibt es Flexibilität gegen Gehaltssteigerung für diejenigen, die das mitmachen (möchten/können) und mehr Zuverlässigkeit für alle.