Wie bringe ich meinen Eltern bei, dass sie Pflege brauchen?

29.10.2021

Wie bringe ich meinen Eltern bei, dass sie Pflege brauchen?

Es ist nicht leicht, zu merken, dass die eigenen Eltern immer mehr Hilfe benötigen. Ob ein Elternteil oder beide – irgendwann kommt oft der Punkt, ab dem die medizinische und vielleicht auch soziale Versorgung nicht mehr eine Kleinigkeit nebenbei oder ein gegenseitiges Kümmern ist, sondern Pflege.

Ob nun auch ein Pflegedienst kommen soll oder die Versorgung weiter in der Familie geregelt wird, eine Pflegestufe zu beantragen ist immer eine gute Idee. Denn je früher man die entsprechenden Verfahren startet, desto bessere Grundlagen werden für die Versorgung aufgebaut.

Eine wichtige Frage ist nun: Wie bespricht man das mit seinen Eltern?

Verstehen, wieso viele Menschen sich gegen Pflege sträuben

Viele Menschen möchten nicht hören, dass sie „pflegebedürftig“ sind. Das Wort klingt für sie schwach oder als seien sie eine Bürde. Deswegen gibt es Streit, sobald das Thema auch nur angeschnitten wird.

Andere haben richtig Angst vorm Altwerden, vor Schwäche oder vor der Diagnose „Demenz“. Sie drohen manchmal sogar ihrer Familie: Bevor ich Pflege brauche, bring ich mich lieber um!

Hinter diesen drastischen oder dramatischen Ansagen, dem Streiten oder Ignorieren, stehen Angst und Traurigkeit. Denn natürlich macht es Angst, wenn man nicht mehr allein klar kommt oder Hilfe außerhalb der Familie suchen muss. Und es macht traurig zu merken, dass man älter oder schwächer wird.

Der richtige Zeitpunkt

Mit dem Ansprechen des Themas ist es wie bei den meisten unangenehmen Themen: Je früher man sie anspricht desto besser. Denn dann staut sich weniger an, das Gespräch wirkt weniger wie ein Überfall und natürlich ist auch die Belastung einfach noch nicht so groß.

Das ist einfach gesagt – denn es bedeutet auch, dass es sich je länger man wartet auch immer schwerer anfühlt, das Thema anzusprechen.

Trotzdem bleibt es dabei: Je früher, desto besser. Also immer lieber heute als morgen. Gleichzeitig sollten Sie ein sensibles oder Streitthema natürlich nicht grade am Geburtstag, beim Einkaufen im Supermarkt oder nach einem langen und anstrengenden Tag ansprechen.

Achten Sie als erstes dafür, dass Sie selbst Zeit und Ruhe haben. Wählen Sie einen Tag, an dem Sie vielleicht sogar frei haben. Verabreden Sie sich auch mit Ihren Eltern oder dem Elternteil, um den es geht so, dass er, sie oder beide auch Zeit haben. Denn egal, was die sofortige Reaktion ist: Alle sollten nach dem Gespräch Zeit für sich haben können.

Vorbereitung

Sie sollten definitiv noch nicht den Antrag auf Pflegeleistungen ausfüllen oder bei der Krankenkasse anrufen, ohne mit der betroffenen Person zu sprechen. Trotzdem können Sie sich vorbereiten.

Informieren Sie sich, wie Sie Pflege beantragen können, wenn es so weit ist. So können Sie im Zweifel erklären, dass es wirklich einfach ist.

Informieren Sie sich, welche finanzielle Unterstützung es gibt: durch einen Pflegedienst, in Form von Pflegegeld oder durch Kombinationsleistungen. Die konkreten Beträge sind vielleicht ein gutes Argument im Gespräch.

Wenn Sie die Pflege nicht mehr allein stemmen können, erkunden Sie sich schon mal, welche Pflegedienste es in Ihrem Umfeld gibt. Vielleicht ist jemand mit einem besonders guten Angebot dabei, es gibt Experten für Demenzpflege oder eine Tagesstätte, die eine gute erste Entlastung sein kann.

Jetzt können Sie im Gespräch gute Antworten geben und fühlen sich sicherer.

„Du brauchst Pflege“ – so erzählen Sie es richtig

Ihre Eltern haben sicher selbst mitbekommen, dass die Mühe in letzter Zeit mehr geworden ist. Vielleicht ist das sogar auch etwas Gutes: Sie verbringen mehr Zeit zusammen. Diesen Aspekt können Sie auch im Gespräch betonen – und dann erwähnen, dass Sie die Zeit gern wieder mehr mit Reden oder anderen gemeinsamen Aktivitäten verbringen würden, als mit der Medizin, der Pflege oder Sorgen um die Sicherheit und Versorgung.

Oder erklären Sie, wenn Sie die Zeit nicht mehr aufbringen können, wie Pflegegeld oder die Hilfe von einem Pflegedienst hier helfen könnten. Vielleicht sind Ihre Eltern eher für Argumente, die sich auf Zeit oder Geld beziehen, empfänglich.

Vielleicht verstehen Ihre Eltern auch eher, wenn Sie Ihre eigenen Ängste oder Ihre Erschöpfung ansprechen. Erklären Sie, dass professionelle Pflege nicht nur eine Hilfe für Ihre Eltern, sondern auch für Sie selbst wäre. Gestehen Sie, wenn die Belastung durch Ihren Alltag UND die Pflege einfach zu groß wird oder wenn sogar Geld fehlt, weil Sie weniger Zeit haben.

Nicht entmutigen lassen

Auch wenn ein erster (oder zweiter) Versuch erst mal nur zu Streit oder den alten Vorwürfen führt, lassen Sie sich nicht entmutigen. Geben Sie Ihren Eltern erst mal Zeit, das Thema zu überdenken. Sprechen Sie dann wieder in einer ruhigen Minute darüber – vielleicht aus einem anderen Blickwinkel.

Wenn Sie gar nicht weiterkommen, gibt es vielleicht Unterstützung, die Sie bisher nicht in Anspruch genommen haben? Ein Hausarzt kann oft ein guter Verbündeter sein. Oder Sie erkundigen sich bei einer lokalen Pflegeberatung nach weiteren Tipps.