Pflege kann mehr: Neue Aufgabengebiete wagen

20.05.2022

Pflege kann mehr: Neue Aufgabengebiete wagen

Die Pflege hat in Deutschland seit langer Zeit eine andere Rolle als in andern Ländern – tendenziell werden Pflegekräfte hier immer noch oft als „Hilfskräfte“ gesehen und auch ihre Ausbildung reduziert sie manchmal in erster Instanz auf die bloße Unterstützung.

Dabei gibt es in der Pflege jetzt schon viel mehr und auch viel mehr Potenzial. Dieses Potenzial würde sich automatisch entfalten, wenn Pflegekräften auch schon heute mehr zugetraut würde. Zukünftige Ausbildungsgänge könnten den Trend dann aufgreifen und verstärken und Pflege zu einem noch abwechslungsreicheren Berufsfeld machen. Alle, die heute schon ständig viel Verantwortung übernehmen, könnten dann auch dazu passende Entscheidungsfreiheit bekommen.

Mit großer Verantwortung kommt auch …?

Bisher gibt es in der Pflege ein großes Ungleichgewicht zwischen Verantwortung und Entscheidungsfreiheit. Pflegekräfte sind ausgebildete Experten in ihrem Arbeitsfeld und übernehmen die direkte Begleitung und Betreuung von Patienten und Patientinnen. Dabei müssen sie aufmerksam sein und beobachten, wie sich die Gesundheit der Gepflegten entwickelt. Sie müssen Warnsignale erkennen und notieren, wenn Verbesserungen deutlich werden.

Gleichzeitig werden sie aber fast nur als „ausführende“ Kräfte eingesetzt, die keine eigenen Entscheidungen treffen. Auch wenn sie also beobachten und schließen können, dass eine Veränderung helfen könnte, müssen sie die meisten davon mit einer Ärztin oder einem Arzt besprechen. Das ist nicht nur frustrierend, es bremst auch aus.

Neue Aufgabengebiete für Pflegekräfte

In einigen Bundesländern gibt es schon Projekte, die beispielsweise Gemeindeschwestern ausbilden und einsetzen. Der Name des Programms klingt rückschrittlich und sexistisch, aber das Konzept ist nicht verkehrt.

Hier werden einzelne Personen oder Gesundheitszentren zur ersten Anlaufschwelle bei allen möglichen gesundheitlichen Problemen. So können alltägliche Probleme ohne Arztpraxen und Krankenhäuser gelöst werden. Und in ungewöhnlicheren Situationen ist eine oft schon vertraute Person als erster Ratgeber und Anlaufstelle vor Ort.

Ein weiterer Vorteil ist der Aufbau von einer besseren präventiven Versorgung vor Ort – eine medizinisch ausgebildete Expertin oder ein Experte (oder ein ganzes Zentrum), mit denen Menschen schon in Kontakt kommen, bevor sie krank werden. Das kann zum Beispiel durch verschiedene Angebote zu Prävention, Aktivierung, Information und Gesundheit geschehen. Oder durch ein aktives Besuchen von Personen in gesundheitlich belastenden Situationen – von der Nachsorge nach einer OP bis zum fortschreitenden Alter.

In der Ausbildung starten

Die generalisierte Pflegeausbildung hat gegenüber immer spezielleren Pflegestudiengängen gezeigt, wie die Schieflage der Bewertung von akademischer Ausbildung gegenüber fachlicher Ausbildung in der Pflege vergrößert wird.

In vielen Ländern gibt es kein „Ausbildungssystem“ im deutschen Sinne, sondern nur ein Bildungssystem, das von ersten schulischen Abschlüssen bis zum Studium führt. Wer früher ausscheidet und beispielsweise einen handwerklichen Beruf erlernt, hat „keine Ausbildung“. Dadurch ist die Anerkennung von nicht-akademischen Abschlüssen sehr niedrig.

In Deutschland gab es historisch immer ein starkes Ausbildungssystem. Nur die Pflege war eher „nebenher“ organisiert und es gab wichtige Strukturen, die erst in den 70ern angestoßen und vor rund 20 Jahren umgesetzt wurden.

Dadurch pendelt die Pflege: Neben dem akademischen Studium in englischsprachigen Ländern wirkt sie im internationalen Vergleich schwächer. Im Kontrast zu einer handwerklichen Ausbildung gibt es aber wesentlich mehr und starke Überschneidungen mit dem am ehesten verwandten Studium der Medizin.

Eine neue Anerkennung der Ausbildungsberufe in der Pflege einerseits und ein systematischer Aufbau der Pflegestudiengänge mit starkem Profil und der Aussicht auf echte Berufe mit voller Entscheidungsgewalt, wie sie anderen Studienabsolventen übertragen wird, könnte das Beste aus allen Welten mitnehmen.

Du kannst auch mehr? Mach es! Bei uns startest du durch und kannst dein Potenzial entdecken und ausleben.