Tariftreuepflicht - Woher kommen die Durchschnittslöhne?

04.03.2022

Tariftreuepflicht - Woher kommen die Durchschnittslöhne?

Eins der großen Themen für die Pflege ist aktuell die Tariftreuepflicht – und die Informationen, die wir Pflegedienste dazu bekommen. Statt wie versprochen am 1.10.21 Informationen zu Leitlinien und Durchschnittsgehältern zu bekommen, stehen wir heute mit einigen diffusen Zusammenfassungen zu Durchschnittslöhnen da.

Was wir wissen

Es wurden bereits Durchschnittsstundenlöhne für unterschiedliche Bundesländer veröffentlicht. Für NRW liegt der nach drei Jahren Ausbildung für Pflegekräfte bei 23,28 Euro. Zu diesen Stundenlöhnen kommen durchschnittliche Zuschläge.

In anderen Bundesländern liegt er weit darüber oder weit darunter. Und wir wissen mit einem Ziel von 4000 Euro Einstiegsgehalt für alle Pflegekräfte, dass der Stundenlohn noch über dem aktuellen durchschnittlichen Stundenlohn liegen müsste.

Wir müssen zukünftig dafür sorgen, dass unsere Entlohnung nicht unter der liegt, die in der gleichen Region von vergleichbaren Diensten gezahlt wird. Andererseits sind auch die anderen Unternehmen im Bereich nicht verpflichtet, all ihre Gehaltslisten öffentlich zu stellen. Woher sollen wir diese Informationen bekommen?

Informationen, die zum Durchschnittslohn fehlen

Es ist unklar, wie die Durchschnittslöhne überhaupt zu Stande kommen. Welche Werte fließen ein, wer wird wie befragt? Noch im Mai letzten Jahres kam eine Studie zu den Durchschnittsgehältern in der Pflege in NRW zu erheblich anderen Werten. Nach der groß angelegten Studie damals lag das Durchschnittsgehalt von Pflegekräften nach dreijähriger Ausbildung bundesweit bei 15,84 €. Eine differenzierte Betrachtung inklusive Corona-Zulagen änderte die Zahlen erheblich. Wurden diese Werte - inklusive Corona-Bonus? - zugrunde gelegt? Das ist durch fehlende Informationen teilweise schwer zu beurteilen.

Dadurch lassen sich auch Fragen zu den Daten schlecht beantworten. Woran liegt es beispielsweise, dass Schleswig-Holstein den höchsten Durchschnittslohn hat? Natürlich könnte man Thesen aufstellen – ein Land mit einer geringeren Bevölkerungsdichte bietet den wenigen Pflegekräften vielleicht mehr Gehalt?

Wie eng müssen zwei Jobs verwandt sein wie ähnlich müssen sie sein, um das gleiche Gehalt und die gleichen Nebenbedingungen notwendig zu machen?

Wie sollen wir Entscheidungen treffen?

Ab dem 1.9. müssen wir entscheiden, welchem Tarifvertrag wir folgen. Dafür stehen prinzipiell einige zur Auswahl – andere aber nicht. Das liegt daran, dass über diese Verträge Stillschweigen vereinbart wurde.

Neben der zusätzlichen Anforderung, jetzt mehr zu zahlen (ohne Informationen darüber, wie einzelne Pflegedienste diese zusätzlichen Ausgaben gegenfinanzieren sollen, wenn nicht die Beitragsstabilität für alle Bürger angerührt wird), müssen wir also ein komplexes Optimierungs-Rate-Spiel lösen.